Alice Weidel: Kanzlerkandidatur mit dem Blick in den Rückspiegel

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Deutschland darf sich freuen – oder auch nicht: Die AfD hat ihre Spitzenkandidatin für das Kanzleramt vorgestellt. Mit Alice Weidel wagt die Partei den Schritt aus der Schmuddelecke direkt ins Rampenlicht. Doch während andere Kanzlerkandidat:innen von Visionen für die Zukunft sprechen, scheint Weidels Bewerbung eher wie ein Verkaufsgespräch für die Rückkehr ins 19. Jahrhundert.

„Deutschland braucht Veränderung“, verkündet die Partei selbstbewusst. Doch wessen Veränderung genau? Die eines Landes, das sich seiner europäischen Verantwortung stellt? Oder die einer Partei, die Demokratie am liebsten als „nette Idee“ auf ein Bierdeckel-Konzept reduzieren würde?

Eine Kanzlerin fürs „Volk“

Alice Weidel inszeniert sich als Stimme des „Volkes“. Doch was genau dieses „Volk“ ist, bleibt nebulös – so nebulös wie ihre Pläne für Deutschland. Ist es das „Volk“ derjenigen, die Diversität für einen Fremdbegriff halten? Oder das der Menschen, die mit Google Maps noch die Grenzen von 1937 suchen?

Mit ihrer Kandidatur wird klar: Die AfD möchte nicht regieren, sondern provozieren. Es geht weniger um politische Konzepte und mehr darum, Schlagzeilen zu erzeugen. Weidel ist dabei das perfekte Gesicht: eloquent, selbstbewusst, und – wenn nötig – bereit, rassistische Narrative in einem seriösen Ton zu präsentieren. Eine Kanzlerin, die beim internationalen Gipfeltreffen den Klimawandel leugnet, während sie sich über „Energiewende-Genderwahn“ aufregt – das ist die Dystopie, die die AfD uns als Zukunft verkaufen will.

Die Strategie: Mehr Vergangenheit wagen

Das Wahlprogramm der AfD ist ein Quell der Inspiration – vor allem für Historiker:innen, die sich für die Welt vor 1945 interessieren. Der „klare Kurs“ der Partei sieht vor, europäische Zusammenarbeit zu demontieren, den Sozialstaat zu kürzen und den Klimaschutz am besten gleich in den Rhein zu kippen.

In diesem Kontext wirkt Weidels Kanzlerkandidatur fast ironisch: Eine Frau an der Spitze einer Partei, deren Politik die Rechte von Frauen, Minderheiten und marginalisierten Gruppen untergräbt. Die moderne Arbeitswelt? „Zu viel woke.“ Geschlechtergerechtigkeit? „Zu viel links.“ Und das Asylrecht? „Zu viel Menschlichkeit.“

Man fragt sich, ob Weidels Wahlprogramm nicht besser als Netflix-Drama verkauft werden sollte: „Der große Rückschritt – Deutschland ohne Kompass“.

Kanzlerträume oder PR-Stunt?

Ist Weidels Kandidatur ernst gemeint? Wahrscheinlich nicht. Die AfD weiß, dass sie keine Mehrheit gewinnen kann. Aber darum geht es auch nicht. Es geht um Provokation, um die Verschiebung des politischen Diskurses. Die AfD spielt mit Weidels Kandidatur eine perfide Karte: Sie will die Extreme normalisieren und ihre radikale Agenda als „demokratische Alternative“ verkaufen.

Und Weidel selbst? Sie lächelt, rhetorisch geschult und stets bereit, die Grenzen des Sagbaren ein Stück weiter zu verschieben. Eine Kanzlerin, die nicht eint, sondern spaltet – das ist das Angebot der AfD.

Fazit: Keine Kanzlerin, sondern ein Warnsignal

Die Kandidatur von Alice Weidel ist kein politisches Angebot, sondern eine Herausforderung für die Demokratie. Sie zeigt, dass die AfD nicht regieren, sondern destabilisieren will. Wer für Weidel stimmt, stimmt für Stillstand, Spaltung und einen nostalgischen Rückblick auf ein Deutschland, das es so nie gab – und das hoffentlich auch nie geben wird.

Vielleicht wäre es klüger, den Wahlkampf der AfD nicht als politisches Ereignis, sondern als Reality-TV-Format zu betrachten: „Deutschland sucht die rechte Kanzlerin“. Einschalten kann man – aber wählen sollte man nicht.


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